Die Vision einer perfekten Bibliothek

Vortrag von Bettina Spoerri

| aki (kath. Hochschulgemeinde), Hirschengraben 86 in Zürich

Bettina Spoerri, geboren 1968 in Zürich, ist Autorin, Literaturwissenschaftlerin und Literaturvermittlerin. Hier einige Gedanken zu ihrem Vortrag am 1. März:

«Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt», schrieb einmal der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges, der, bereits beinahe erblindet, Direktor der National-Bibliothek in Buenos Aires wurde. In einer Bibliothek ist Wissen in dichter Form versammelt, das öffentlich bereit gestellte Gedächtnis ist die Grundlage einer auf Erinnerung basierenden und sich fortlaufend weiter entwickelnden Kultur – gespeichert in einer begrenzten Anzahl von Schriftzeichen, die in die Unendlichkeit hinein neue Konstellationen eingehen können. Entschleunigung, Konzentration, Vertiefung erst ermöglichen den Buchstaben, ihre grösste Kraft zu entwickeln. Das Repräsentationssystem einer Schrift verweist auf die Welt und bannt sie gleichzeitig. Mit dieser unauflöslichen, magischen Ambivalenz beschäftigen sich Autoren, Philosophen und insbesondere Mystiker verschiedener Religionen; die Bibel erzählt davon ebenso wie die Kabbala, Heinrich Seuse, Johannes Reuchlin, Franz Kafka oder die zeitgenössische phantastische Literatur. Aus diesen Quellen heraus entspringt eine Vision, der Traum einer perfekten Bibliothek – und ihrer Besucherinnen und Besucher.

Zurück